Die Energieleistungskennzahlen = Energy Performance Indicators (EnPIs) nach ISO 50001

Energieleistungskennzahlen ISO 50001

Die Energieleistungskennzahlen (EnPI)

Energieleistungskennzahlen spielen bei der systematischen Senkung der Energiekosten und der fortlaufenden Verbesserung der energiebezogenen Leistung ihres Energiemanagementsystems eine entscheidende Rolle. Nutzen Sie Energieleistungskennzahlen als Indikatoren, die bisherige, erwünschte (Sollwert) und tatsächliche (Istwert) Energieverbräuche darstellen.

Dies ermöglicht eine Steuerung anhand derer Verbesserungen nachgewiesen und im Falle von Abweichungen der energiebezogenen Leistung Abhilfemaßnahmen aufzeigt werden können. Die Grundlage zur Bildung von EnPIs dient die sogenannte „energetische Bewertung“ (Normkapitel 6.3 Energetische Bewertung).

Dabei handelt es sich um eine systematische Erfassung und Analyse der Energieverwendung einschließlich der Messung der Verbrauchswerte und der Werte aller relevanten Variablen. Ziel der energetische Bewertung ist die Identifikation der Hauptverbraucher und die Aufdeckung möglicher Einsparungen. Für die identifizierten Hauptverbraucher sind Energieleistungskennzahlen zur Überwachung und Messung zu entwickeln und zu nutzen.

Die Energiedatensammlung als Grundlage für die energetische Bewertung.

Eine Energiedatensammlung dient als Grundlage für die energetischen Bewertung und die Ableitung von geeigneten Energieleistungskennzahlen. Je höher der Energieverbrauch von Bereichen und Anlagen, desto genauer sollten die Messungungen und der Detaillierungsgrad des Messkonzepts sein. Bei der Energiedatensammlung wird differenziert zwischen:

Energieintensive Bereiche. Es werden die höchsten Energieverbraucher ermittelt. Hier findet meist die 80/20 Regel Geltung – für 80% des Energieverbrauchs sind zumeist 20% der Maschinen und Anlagen verantwortlich.

Struktur des Energieverbauchs. Hier müssen die Energieverbräuche zwischen Produktionsrelevant und Produktionsunrelevant (z.B. Kantine, Sanitäreinrichtungen, Büroküchen etc.) ermittelt werden. Auch die Variablen sind hier zu ermitteln. Bei den Variablen sind Zusammenhänge und Abhängigkeiten näher zu betrachten. Dies passiert meist über einen längeren Zeitraum (Aufgrund Temperaturschwankungen, Betriebsstillstände etc.).

Nachfolgend verdeutlichen wir, wie ein System von Energieleistungskennzahlen schrittweise erarbeitet, implementiert und gesteuert werden kann.

Erfassung aller energierelevanten Prozesse.

Zu Beginn sollte eine Liste aller energieeinsetzenden Prozesse erstellt werden. Die Aufstellung beinhaltet die Prozessbezeichnung, die eingesetzten Energieträger sowie deren Jahresverbräuche und -kosten. Kleinverbraucher können vorerst in Gruppen zusammengefasst werden. Es sollte sich am Anfang immer auf die Hauptverbraucher fokussiert werden. Eine mögliche Schätzung unter Berücksichtigung der erfassten Laufstunden, ist bei mangelnden Zählereinheiten aufgrund der vorhandenen Typenschildangaben möglich. Hier empfehlen wir jedoch eine Beauftragung externer Dienstleister, die temporäre Messstationen installieren (z.B. Strommesszangen) und professionelle Energiedaten liefern können.

Sind Energieverbraucher und Energieverbrauchergruppen erfasst, empfiehlt es sich, Prioritäten mit absteigenden Jahresenergieverbrauch zu bilden. Die Prioritäten bestimmen Sie gemäß der ISO 50001 in Eigenregie. Für sämtliche Energieverbraucher mit wesentlichem Energieeinsatz (SEU) sollen Energieleistungskennzahlen festgelegt werden. Diese Energieleistungskennzahlen sind wichtig, um Veränderungen sichtbar zu machen, um Zielwerte aus der Strategie zu erreichen und eine fortlaufende Verbesserung der Energieeffizienz zu erwirken.

Beauftragen Sie entsprechende Mitarbeiter in Bereichen mit wesentlichem Energieeinsatz zu „Kennzahleneigner“. Sobald die Kennzahleigner festgelegt wurden, müssen die relevanten Faktoren, die den Energieeinsatz beeinflussen könnten, ermittelt werden. Diese sind ebenfalls zu dokumentieren.

Neben den technischen Zielsetzungen sollte das Unternehmen auch die möglichen menschlichen Einflussfaktoren betrachten und eine Analyse in Erwägung ziehen. Mangelndes Interesse oder schlechte Kommunikation können den Energiehaushalt negativ beeinflussen. Entgegenwirken kann man durch gezielte Schulungen und Qualifikationen und ein ausgereiftes Kommunikations- und Informations- management sowie Motivation.

Die Ermittlung der relevanten Variablen.

Der nächste Schritt zur Erfassung von Energieleistungskennzahlen ist die Berücksichtigung der sog. relevanten Variablen. Die relevanten Variablen sind mögliche Einflussfaktioren, die im Zusammenhang mit dem Energieverbrauch stehen.

Fallen Ihnen z.B. jahresabhängige Schwankungen im Energieverbrauch auf, sind dies möglicherweise relevante Variablen, die Ihren Energieverbrauch negativ beeinflussen. Bilden Sie Korrelationen zwischen zwei oder mehreren Messgrößen in einem von Ihnen definierten Zeitabstand.

Beispiel: Haben Aussentemperaturen eine Auswirkung auf Ihren Energieeinsatz, wählen Sie die entsprechenden Jahreszeiten aus und bilden Sie eine Korrelation zwischen dem Energieeinsatz und dem definierten Zeitraum. Ein weiteres Beispiel (gehen wir einmal in die Tiefe): Der Energieverbrauch schwankt zwischen einzelnen Produktionsschichten – hier könnte die relevante Variable ein Mitarbeiter sein, der eventuell für den Produktionsprozess nicht notwendige Baugruppen (Maschinen, Motoren, Kompressoren etc.) vom Stromnetz nimmt.

Diese relevante Variable können Sie relativ leicht und kostengünstig durch Unterweisungen oder einer Schulung eliminieren. Im ersten Beispiel haben Sie es schon mit einer nicht unerheblichen Investition zu tun (z.B. Dämmung, Klimatisierung etc.) – eine Amortisationsrechnung ist hier notwendig.

Ein wesentlicher Einflussparameter auf die Energiebilanz kann sowohl ein großer Verbraucher als auch einen auf den Verbrauch auswirkenden Umstand wie:

  • Klimabedingungen,
  • Wartungsintervalle,
  • Pausen-, Schicht- und Betriebstillstandsregelungen,
  • Auslastung der Maschinen und Anlagen,
  • Energiepreise etc.

Die systematische Bewertung dieser sogenannten Energieeinflussfaktoren ist ein wesentliches Hilfsmittel des EnMS um Anlagen und Umstände, die den Energieverbrauch am stärksten beeinflussen, zu lokalisieren. Dazu zählen, neben den größten Verbrauchern, die mit dem kontinuierlichsten bzw. dem meist schwankenden Verbrauch und solche, bei denen Änderungen mit wenig Aufwand durchführbar sind.

Erarbeiten und die Bewertung von Verbesserungsmaßnahmen.

Die Festlegung der Energieleistungskennzahlen der wesentlichen Verbrauchern sollte nun erledigt sein. Es folgt die Erarbeitung, Bewertung und mögliche Freigabe von Verbesserungsmaßnahmen, die Herleitung und die Auswertung von EnPI-Werten sowie die Festlegung von Umsetzungsfristen. Dies geschieht am besten während einer Energieteamsitzung. Hier erspart man sich das doppelte Protokollieren und das Aufbrechen von weiteren Kommunikationskanälen.

Unregelmäßigkeiten aus den Analysen (z.B. den relevanten Variablen) müssen erklärt werden können. Es ist deswegen notwendig, parallel zu den Energieverbräuchen und der Energieverwendungen auch Daten zu den relevanten Variablen und statischen Faktoren zu erfassen.

Die fortlaufende Verbesserung der „energiebezogenen Leistung“ soll durch eine Verringerung des Energieverbrauches aller energieeinsetzenden Prozesse geschehen. Dazu müssen geeignete Maßnahmen gebildet, bewertet und umgesetzt werden. Es empfiehlt sich ein Maßnahmenkatalog anzufertigen um einen Überblick über Investitionen und Amortisierung zu schaffen. Gleichzeitig verschaffen Sie der obersten Leitung eine Vereinfachung der Freigabeentscheidungen einzelner oder aller Maßnahmen.

Durch einen Vergleich zwischen einem vergangenheitsbezogenen Referenzwert – der sogenannten „energetischen Ausgangsbasis“ und dem Ist-Wert können Sie den Trend prüfen.

Durchführung einer Abweichungsanalyse.

Die Abweichungsanalysen sollten gemeinsam durch das Energieteam und dem Controlling durchgeführt werden. Eine Abweichungsanalyse findet dann statt, wenn der IST-Wert (relevante Variablen eingeschlossen) vom gesetzten Ziel abweicht. Die Abweichungsanalysen sollten je Energieverbraucher mit wesentlichem Energieeinsatz durchgeführt werden.

Um eine Abweichungsanalyse durchzuführen sind sogenannte Normalisierungen notwendig. Damit können Sie die energiebezogene Leistung eines Prozesses unter äquivalenten Bedingungen vergleichen. Der Vergleich bezieht sich entweder auf Leistungen zu unterschiedlichen Zeiträumen (Vergangenheit vs. Gegenwart), oder es wird eine tatsächliche Leistung einem Ziel gegenübergestellt. Haben sich vom Bezugszeitraum bis zum Berichtszeitraum die Rahmengegebenheiten, die für den Energieverbrauch von Bedeutung sind, verändert, dann wird das in den Werten der jeweils „relevanten Variablen“ sichtbar.

Bei Abweichungen ist eine Ursachenanalyse von entscheidender Bedeutung. Die Ursachenklärung von Abweichungen ermöglicht es, Abhilfemaßnahmen einzuleiten, die entsprechende Abweichungen in der Zukunft vermeiden oder Ziele nachträglich erreichen sollen. Sind die Ziele erreicht worden, könnte man überlegen, neue Ziele für Energiekennzahlen festzulegen um die fortlaufende Verbesserung voranzutreiben. Das Niveau der Zielsetzung sollte, um möglichst große Wirkung zu entfalten und gleichzeitig Frustration zu vermeiden, anspruchsvoll aber auch realistisch zu erreichen sein.